Erfahrungsberichte

Erfahrungsbericht Klinik

Larissa Goldiger hat im Juli 2025 ein Volontariat bei MadaClinics absolviert. Wie sie ihre Zeit erlebt hat, liest du im Erfahrungsbericht.

Als ich mich vor einiger Zeit für ein Volontariat bei MadaClinics entschied, war mir nicht bewusst, wie prägend und inspirierend diese Zeit für meine fachliche und persönliche Entwicklung sein würde.

Kurz zu mir: Ich bin Larissa, Medizinstudentin und habe im Juni/ Juli 2025 circa drei Wochen in Maventibao verbracht. Als ich bei einer Internetrecherche zufällig auf die Seite von Nihaona gestossen bin, war ich sofort fasziniert von dem, was ich dort gelesen habe. Nach einem persönlichen Gespräch mit Florentin, der sich viel Zeit nahm, um all meine Fragen geduldig und offen zu beantworten, war für mich klar: Hier möchte ich mitwirken und dazulernen. Der Wunsch, meinen medizinischen Horizont zu erweitern, motivierte mich sehr. Ebenso reizte mich die Vorstellung, eine mir völlig neue Kultur kennenzulernen und den Menschen vor Ort zu begegnen.

Der Alltag in der Klinik unterscheidet sich etwas von dem, was uns bekannt ist. Nach einem ausgezeichneten Frühstück, zubereitet von Estelle, begann der Tag in der Klinik zwischen 08.30 und 09.00 Uhr. Da keine Termine vergeben werden, kommt es immer wieder vor, dass bereits um 06.30 Uhr in der Früh die ersten Patient:innen, Erwachsene ebenso wie Kinder, geduldig vor Ort warten. Trotz der frühen Stunde und der vielen Menschen herrscht eine bemerkenswerte Ordnung: Jede:r scheint zu wissen, wann er oder sie an der Reihe ist. Und so läuft die Sprechstunde ruhig und strukturiert ab.

Der Klinikalltag erfordert ein gewisses Mass an Flexibilität. Es wird gearbeitet, bis alle Patient:innen behandelt wurden. Bei grossem Andrang wurde der Tag lang, doch der direkte Kontakt mit den Patient:innen liess die Zeit schnell vergehen.

Die medizinische Dokumentation, von Vitalwerten bis zu Medikamenten, erfolgt in Notizbüchlein, welche die Patient:innen selbst mitbringen. Das bringt gewisse Herausforderungen mit sich: Manche besitzen kein Heft, andere teilen sich eines mit Angehörigen, und hin und wieder gehen sie verloren. Verlaufskontrollen gestalten sich unter diesen Umständen schwierig. Aus diesem Grund und um die Kontinuität der Versorgung innerhalb von MadaClinics zu verbessern, wurde während meines Aufenthalts vom Verein ein neues digitales Dokumentationsprogramm eingeführt. Dieses soll für Patient:innen, die direkt in der Klinik behandelt werden, langfristig eine zuverlässige Erfassung der Diagnosen und der verabreichten Medikamente ermöglichen.

Trotz begrenzter diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten wurde stets versucht, die bestmögliche Behandlung für die zugrundeliegende Problematik zu bieten. Die medizinischen Entscheidungen wurden dabei sorgfältig und gemeinsam im Team getroffen. Für mich war die enge Zusammenarbeit mit Fardine besonders bereichernd. Er hat mir jeweils übersetzt, was ihm die Patient:innen in der Anamnese berichtet hatten, worauf ich gezielt auch noch eigene Fragen stellen konnte. Wir haben die Fälle jeweils diskutiert und unser Wissen ausgetauscht. Diese Gespräche waren für mich nicht nur fachlich äusserst lehrreich, sondern auch zwischenmenschlich sehr bereichernd. Beide Seiten waren offen und motiviert, voneinander zu lernen und unterschiedliche Perspektiven kennenzulernen.

Für mich persönlich war es emotional besonders herausfordernd, wenn Patient:innen, denen wir zu einer Nachkontrolle geraten hatten, nicht mehr erschienen sind. Lebten sie im selben Dorf, konnten wir gelegentlich nach ihnen sehen. Da jedoch viele von weit her kamen, und es keine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme gab, blieb oft ungewiss, wie es gesundheitlich mit ihnen weiterging.

In den drei Wochen, die ich in der Klinik verbrachte (gerne wäre ich noch länger geblieben), durfte ich viele offene und freundliche Menschen kennenlernen. Dies sowohl unter den Patient:innen als auch im Team. Ich habe den persönlichen Austausch und die herzlichen Begegnungen sehr geschätzt. Auch die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter:innen vor Ort hat mir unglaublich gut gefallen.

Rückblickend ist dies für mich eine eindrucksvolle Reise voller wertvoller Erfahrungen, bewegender Begegnungen und nachhaltiger Eindrücke geworden. Ich kann sehr viel aus dieser Zeit mitnehmen und würde mich freuen, eines Tages wieder dorthin zurückkehren zu können.

Volontariat Schule 2025

Im Januar, Februar und März 2025 haben Ena und Mea aus der Ostschweiz über den Verein Nihaona ein Volontariat in der Schule von MadaClinics in Maventibao absolviert. Eine wertvolle Erfahrung, wie die beiden sagen. In Maventibao haben sie Schüler*innen jeden Alters unterrichtet und später auch die Lehrpersonen vor Ort angeleitet und weitergebildet.

Auf den Verein Nihaona sind sie per Zufall gestossen. Anschliessend haben sie mit Vereinspräsident Florentin Kontakt aufgenommen. Er hat selbst schon mehrmals Volontariate in Maventibao absolviert. So konnten die beiden ihre Reise gemeinsam mit Florentin organisieren und der Kontakt mit den Menschen vor Ort wurde vereinfacht. So konnte etwa organisiert werden, dass sie gleich nach ihrer Ankunft in Madagaskar auf Nosy Be abgeholt wurden und nicht alleine den Weg nach Maventibao antreten mussten.

Ihr Alltag habe sich sehr an den Essenszeiten und am Schulunterricht orientiert, berichten Ena und Mea. Um ca. 8 Uhr gab es Frühstück (Madagaskar hat rund eine Stunde Zeitverschiebung zur Schweiz), um halb 9 begann die Schule. Diese dauerte bis 12 Uhr und anschliessend von 14 bis 18 Uhr. Um 20 Uhr gab es Abendessen. «Ich würde alleine für die Kochkünste von Estelle wieder gehen» sagt Ena. Estelle ist die Köchin von MadaClinics und kocht für das Team vor Ort. Ena und Mea hatten das Gefühl, voll in den Alltag der Menschen integriert zu werden. Ein schönes Gefühl, sagen sie.

Gleichzeitig haben sie auch gesehen, wie anders der Schulalltag in Maventibao ist im Gegensatz zur Schweiz. So ist die Schule etwa stark Wetterabhängig. Ist schlechtes Wetter, kommen viele Kinder – die teils bis zu fünf Kilometer Schulweg haben – eher nicht zur Schule. Auch das Schulmaterial ist eine Herausforderung. Es gibt zu wenig, weshalb die Kinder teils nicht in die Lernhefte schreiben dürfen.

Trotz oder vielleicht gerade wegen der grossen Unterschiede zur Schweiz würden die beiden das Volontariat in Maventibao Menschen, die eine pädagogische Aus- oder Weiterbildung absolvieren, empfehlen. Man sehe direkt, was für einen Impact man kreieren kann und die beiden konnten sehr viel lernen. Im Erfahrungsbericht von ihnen erfährst du noch mehr über Madagaskar und ihre Reise, die sie mit dem Volontariat verbunden haben.

Ena (l.) und Mea (r.) mit einigen Lehrpersonen der Schule in Maventibao

Viele Wege führen nach Rom, aber nur ein besonderer nach Maventibao – ein Erlebnisbericht vom Volontariat

Zwischen dem 2.Januar und 12.März befanden wir uns auf madagassischen Boden und erlebten eine ruhige und sogleich aufregende Zeit. Vor Ort in Maventibao verbrachten wir acht Wochen, in welchen wir zu einem Teil in der Klinik assistierten und zum grösseren Teil uns der örtlichen Schule widmeten. 

Unser Hauptfazit: Viele Wege führen nach Rom und das in verschiedensten Aspekten. Es beginnt beim Glück verspüren. Aus der Schweiz und somit aus einer stabilen Wirtschaft kommend, wird Glück oft mit Wohlstand gleichgesetzt. In Maventibao durften wir einmal mehr merken, dass finanzielle Mittel dazu beitragen, nicht aber notwendig sind. Mit den richtigen Leuten und mit einer Lebensgrundlage kann man auch mit Glück erfüllt werden. Die ONG MadaClinics sowie Nihaona tragen grundlegend dazu bei, dass ein Gesundheits- und Bildungswesen vorhanden ist und den Menschen diese Lebensgrundlage ermöglicht.

Neue Wege erlebten wir ebenfalls in Bezug zur Bewältigung des Alltags. Das Wäsche schrubben an der Quelle und dabei im Austausch zu sein mit den einheimischen Frauen, war für uns eine ganz neue Erfahrung. Dies hat eine Auswirkung auf unser aktuelles Waschverhalten. Sauberkeit ist immer in eine Relation zu setzen. Was wir zu Beginn als schmutzig und unhygienisch empfanden, veränderte sich mit der Zeit. Der Boden, den wir anfänglich mieden, wurde zum täglichen «Siestaort» und auch der «zahnpastaverspuckte» Boden wusch sich mit dem Regen heraus. Ähnliche Empfindungen hatten wir gegenüber der Küche. Wir haben wohl einige Ameisen mehr gegessen als sonst. Allerdings wurden wir auch mit frischen Baguettes, Omeletten, «tarte de coco» und Schoggicreme verköstigt. Reis war meist Teil der Mahlzeit, aber Estelle sorgte für grosse und vielfältige Abwechslung.

Das ganze Leben spielte sich in der Natur ab. Immer die frische Luft einzuatmen, nahmen wir als grosses Geschenk an. An das «open house» für alle Tiere und Insekten gewöhnten wir uns. Glücklicherweise hatte es ein Moskitonetz, so war wenigstens die Nacht ruhig. Die Natur wird ganzheitlich genutzt. Die Banane wird gegessen, der Stamm für die Wände gebraucht und die Blätter für das Hausdach verwendet. Die Naturgewalt bekommt eine andere Bedeutung. Man ist ihr ausgeliefert, der Tag wird dem Wetter angepasst und nicht umgekehrt. Die Regenzeit hat uns nicht wie anfangs befürchtet eingeschränkt, sondern uns in der Anpassungsfähigkeit, Geduld und Flexibilität geschult. Das waren Fähigkeiten, die wir besonders ausbauen durften.

Einflüsse auf die Kultur haben wir vor allem hinsichtlich zweier Bereiche erlebt. Einerseits in der Ausübung der eigenen Religionen und andererseits in der Nutzung des Handys. Die verschiedenen Gemeinschaften nahmen wir als friedlich wahr und fühlten uns stehts wohl. Hingegen überraschte uns die Präsenz der Handys im täglichen Gebrauch. Es zählt zur ihren Luxusgütern und jeder Anruf hatte daher Priorität. Wenn der Papa während der Sprechstunde anrief, liess man den Patienten warten und auch während dem Unterricht wurden Nachrichten an «the love of my life» geschrieben.

Arm und reich sind auch in Madagaskar allgegenwärtig, aber die Disparitäten sind immens. Die Verteilung ist gegensätzlich zur Schweiz. Die Mehrheit lebt am Existenzminimum und nur ein kleiner Teil kann sich etwas Zusätzliches leisten. So ist beispielsweise ein neuer Sonnenhut für umgerechnet 2 Euro nicht für jede Person erwerbbar. Das zu sehen bewegte uns zutiefst. Im Dorf fanden wir mit der Zeit unsere Rolle und wurden als Teil der Gemeinschaft angesehen. Im Kontrast dazu fanden wir uns auf unserer zweiwöchigen Reise durch den Osten von Madagaskar ungewollt im «reichen Touristenstatus» wieder. Gespräche auf Augenhöhe waren nicht mehr möglich. Für ein allumfassendes Verständnis einer Kultur empfinden wir es nachträglich als notwendig, beide Seiten zu erleben.

Viele Wege führen zu Unterricht. Mittels zweier Weiterbildungen für die Lehrpersonen der Primar- und Sekundarschule versuchten wir unsere «Wege nach Rom» weiterzugeben, um ihnen methodenreichere und didaktisch breiter fundierte Lektionsgestaltungen zu ermöglichen.

En chliine, aber nennenswerte Bonus: En Lemur isch cheibe flauschig! (Giht eine im «reptiles parc»; i dä Nöchi vo Andasibe)

Samy tsara!

Mea und Ena